Die Ungarische Staatsoper bereitet eine Neuproduktion von Richard Wagners Lohengrin vor, inszeniert von András Almási-Tóth und dirigiert von Martin Rajna. Die Oper wird in einer „Steampunk“-Ästhetik präsentiert, die vom Zukunftsdenken des 19. Jahrhunderts inspiriert ist.
An der groß angelegten Produktion sind mehr als 250 Mitwirkende beteiligt, darunter das Orchester, der Chor und der Kinderchor der Ungarischen Staatsoper. Die Aufführung wird mit einer internationalen und einer ungarischen Besetzung präsentiert.
Ein neuer konzeptioneller Rahmen
Obwohl Wagners Handlung ursprünglich im Antwerpen des 10. Jahrhunderts angesiedelt ist, betrachten die Schöpfer der Neuproduktion die Oper als „eine durch und durch romantische Geschichte des 19. Jahrhunderts“. Folglich haben sie die Handlung in Wagners eigene Epoche verlegt.
Die Neuinszenierung entwirft eine Steampunk-Welt, die als „vergleichbar mit der visionären, futuristischen Vergangenheit, wie sie sich Jules Verne, H. G. Wells und Mary Shelley vorgestellt haben“ beschrieben wird. Zum Kreativteam gehören Sebastian Hannak (Bühnenbild und Licht), Krisztina Lisztopád (Kostüme), Zsombor Czeglédi (Projektionen) und Eszter Lázár (Choreografie). Hannak wird als langjähriger kreativer Partner des Regisseurs genannt.

Regiekonzept und Interpretation
Die Oper untersucht Fragen, ob ein persönliches Geheimnis „die Liebe stärkt oder vergiftet“ und ob eine Beziehung glücklich sein kann, wenn „wir die andere Person nicht vollständig kennen“. Die Handlung dreht sich um den mysteriösen Schwanenritter. Er rettet Elsa, die des Mordes beschuldigt wird, und heiratet sie unter der Bedingung, dass sie niemals nach seiner Identität fragt. Doch, auch durch die „Intrigen der dämonischen Ortrud“ getrieben, stellt Elsa an ihrem Hochzeitstag die verbotene Frage.
Laut Regisseur András Almási-Tóth liegt Lohengrins Tragik in seiner Rolle als „Vertreter übermenschlicher Ideale“. Der Regisseur erklärt, Lohengrin „stellt Erwartungen an menschliche Beziehungen, die seine Existenz in der Realität unmöglich machen“.
Almási-Tóth führt aus, dass Lohengrin eine „männerdominierte Welt“ darstelle, in der „Elsa sich einer männlichen Fantasie von bedingungsloser Hingabe anpassen muss“. Er fügt hinzu: „Wagners Genie liegt in seiner vielschichtigen Untersuchung dieser Frage“ und merkt an, „es gibt kein klares Gut oder Böse, jede Figur hat gleichzeitig Recht und Unrecht“.
Besetzung und musikalische Leitung
Die musikalische Leitung hat Martin Rajna, der Chefdirigent der Ungarischen Staatsoper. Rajna wird ab 2026 auch Co-Intendant der Budapester Wagner-Tage.
An der Produktion sind über 100 Musiker des Orchesters der Ungarischen Staatsoper beteiligt. Hinzu kommen mehr als 120 Mitglieder des Chors (Chordirektor: Gábor Csiki) und 30 Mitglieder des Kinderchors (Chordirektorin: Nikolett Hajzer).
Die Oper wird mit zwei Besetzungen „herausragender Solisten“ präsentiert:
- Internationale Besetzung: In der Premierenbesetzung singt der amerikanische Tenor Christopher Sokolowski die Titelrolle, die er bereits erfolgreich in Bremen verkörpert hat. Die südafrikanische Sopranistin Johanni van Oostrum singt die Elsa, der australische Bassbariton Derek Welton den König Heinrich. Sowohl van Oostrum als auch Welton, beide erfahrene Wagner-Interpreten an führenden europäischen Häusern, geben mit dieser Produktion ihr Debüt an der Ungarischen Staatsoper. Die Rolle der Ortrud übernimmt die rumänisch-ungarische Mezzosopranistin Judit Kutasi, die in dieser Rolle vor zwei Jahren an der San Francisco Opera debütierte. Ihr Gatte Telramund wird vom lettischen Bassbariton Egils Siliņš dargestellt, der nach seinem Auftritt in Siegfried 2017 an die Budapester Oper zurückkehrt.
- Ungarische Besetzung: Diese Besetzung umfasst Künstler, die als „einige der besten und international anerkanntesten… ihrer Generation“ beschrieben werden. Szabolcs Brickner (Lohengrin), Klára Kolonits (Elsa) und Károly Szemerédy (Telramund) geben alle ihre Rollendebüts. Szilvia Rálik, die die Ortrud darstellt, sang diese Rolle bereits am Theater Dortmund. Péter Fried, Träger des Kossuth-Preises 2025, wird als König Heinrich zu hören sein, eine Rolle, die er bereits im Erkel-Theater und im Müpa Budapest übernommen hat.
Spielplan und historischer Kontext
Die Premiere ist für den 15. November 2025 angesetzt. Drei weitere Aufführungen sind für den 16., 18. und 20. November an der Ungarischen Staatsoper geplant.
Lohengrin wurde in Ungarn erstmals 1866 im Nationaltheater in Pest aufgeführt und erlebte dort 77 Vorstellungen. Der erste Akt der Oper wurde 1884 bei der Eröffnung des Königlich Ungarischen Opernhauses gespielt, und Lohengrin war auch das erste Musikdrama, das dort vollständig aufgeführt wurde. Mit bisher 512 Aufführungen ist die Oper eine der am häufigsten gespielten Wagner-Opern in der Geschichte der Ungarischen Staatsoper.


