Netflix hat Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen veröffentlicht, eine definitive dokumentarische Chronik des kühnen Überfalls auf das Antwerpener Diamantenzentrum, der an einem Wochenende im Februar 2003 stattfand. Der 96-minütige Film präsentiert eine detaillierte Untersuchung eines der komplexesten und wertvollsten Diebstähle der modernen Geschichte.
Die Produktion stammt von einem Kreativteam mit einer beachtlichen Erfolgsbilanz im True-Crime-Genre. Sie wird von RAW produziert, der Firma hinter American Nightmare und Der Tinder-Schwindler, in Zusammenarbeit mit Amblin Documentaries und Wildside. Das Drehbuch und die Regie stammen von Mark Lewis, zu dessen früheren Arbeiten die von der Kritik gefeierten Dokumentarfilme Don’t F**k with Cats – Die Jagd nach einem Internet-Killer und Das Mädchen aus dem Vatikan: Der Fall Emanuela Orlandi gehören. Das Projekt rekonstruiert, wie ein Team italienischer Diebe, bekannt als die „Schule von Turin“, in einen vermeintlich undurchdringlichen Tresorraum eindrang und schätzungsweise 100 bis 500 Millionen Dollar in Diamanten, Gold und anderen Wertsachen erbeutete, von denen nie etwas wiedergefunden wurde.
Anatomie eines unmöglichen Verbrechens
Das Ziel des Raubes war ein unterirdischer Tresorraum, zwei Stockwerke unter der Hauptebene des Antwerpener Diamantenzentrums, einer Institution im Herzen eines Viertels, in dem über 80 % der Rohdiamanten der Welt verarbeitet werden. Die Sicherheit des Tresorraums war legendär, eine Festung, die als geschlossenes technologisches System konzipiert war, um gegen jede Form des Eindringens immun zu sein. Seine Verteidigungsanlagen umfassten zehn verschiedene Sicherheitsebenen, die eine gewaltige Herausforderung für jeden potenziellen Dieb darstellten. Die Haupttür des Tresorraums war mit einem Schloss mit 100 Millionen möglichen Kombinationen gesichert. Darüber hinaus umfasste das System eine Reihe fortschrittlicher elektronischer Sensoren. Ein starkes Magnetfeld schützte die Tür und war so konzipiert, dass ein Alarm ausgelöst wurde, wenn die Verbindung zwischen den beiden Platten unterbrochen wurde. Die Kammer wurde von einem Doppler-Radar und Infrarot-Wärmemeldern überwacht, um Bewegung und Körperwärme zu erkennen, während ein seismischer Sensor darauf kalibriert war, Vibrationen bei jedem gewaltsamen Eindringversuch zu erfassen. Ein Lichtsensor würde bei jeder Beleuchtung in der versiegelten Dunkelheit des Tresorraums ausgelöst. Diese technologische Festung wurde zusätzlich durch die private Sicherheitsfirma des Diamantenzentrums geschützt, alles innerhalb einer der sichersten Quadratmeilen der Erde. Die Komplexität dieses integrierten Systems begründete den Ruf des Tresorraums als uneinnehmbar und machte den anschließenden erfolgreichen Raub zu einer intellektuellen Meisterleistung der Systemüberwindung statt zu einem Verbrechen roher Gewalt.

Die Drahtzieher: Im Inneren der Schule von Turin
Der Dokumentarfilm konzentriert sich auf die Täter, eine spezialisierte Gruppe italienischer Diebe, die als die „Schule von Turin“ bekannt ist. Die Erzählung dreht sich um Leonardo Notarbartolo, den charismatischen Drahtzieher, der den Raub mit akribischer, langfristiger Planung inszenierte. Seine Methodik verzichtete auf Gewalt zugunsten von Heimlichkeit und List, was ein professionelles Ethos widerspiegelt. Über zwei Jahre vor dem Raub mietete Notarbartolo ein Büro im Diamantenzentrum und gab sich als italienischer Diamantenhändler aus, um Glaubwürdigkeit aufzubauen und 24-Stunden-Zugang zum Gebäude zu erhalten. Diese Infiltration ermöglichte eine umfassende Überwachung, bei der Berichten zufolge Kamerastifte verwendet wurden, um den Tresorraum und seine Schließmechanismen heimlich zu fotografieren. Die Crew war ein Team von Spezialisten, von denen jeder eine bestimmte Rolle hatte, die durch einen archetypischen Spitznamen gekennzeichnet war: „Das Monster“, ein Experte für Schlossknacken und Mechanik; „Das Genie“, ein Spezialist für Alarmanlagen; und der bis heute nicht identifizierte „König der Schlüssel“, ein Meisterfälscher. Ihre Vorbereitung war erschöpfend und spiegelte die Praktiken legitimer Ingenieurprojekte wider, einschließlich des Baus einer maßstabsgetreuen Nachbildung des Tresorraums, um ihre Techniken zur Umgehung jeder Sicherheitsschicht zu üben. Dieser systematische Ansatz, der langfristige Forschung, Social Engineering und Prototypentests umfasste, stellt die Täter weniger als gewöhnliche Kriminelle dar, sondern vielmehr als illegale Profis, die Expertenwissen zur Problemlösung auf ein hochwertiges Ziel anwenden.
Eine filmische Dekonstruktion von gefeierten Produzenten
Regisseur Mark Lewis strukturiert den Film um eine zentrale Dialektik und stellt zum ersten Mal zwei konkurrierende Perspektiven gegenüber. Auf der einen Seite stehen die Antwerpener Detektive, die den Fall untersuchten und schließlich lösten; auf der anderen Seite Leonardo Notarbartolo, der mutmaßliche Drahtzieher, der seine eigene detaillierte Darstellung der Ereignisse liefert. Diese Struktur erzeugt eine dynamische Spannung und lädt den Zuschauer ein, die prozessuale Erzählung der Strafverfolgungsbehörden gegen das persönliche und wahrscheinlich selbst-mythisierende Zeugnis des Kriminellen abzuwägen. Der Film bedient sich Techniken des Heist-Genres und nutzt Rekonstruktionen und Interview-Einstellungen, um Spannung aufzubauen und die Perspektive des Publikums zu manipulieren, was an die narrative Irreführung in Spielfilmen wie Inside Man erinnert. Durch die Darstellung dieser widersprüchlichen Berichte geht der Dokumentarfilm über eine einfache Präsentation von Fakten hinaus. Er wird zu einer Untersuchung von Wahrheit, Erinnerung und Vermächtnis und zwingt das Publikum in eine aktive Rolle der Glaubwürdigkeitsprüfung, anstatt passiv eine einzige, autoritative Version der Geschichte zu empfangen.
Vom investigativen Journalismus auf die Leinwand
Die Erzählung des Dokumentarfilms basiert auf umfangreicher journalistischer Recherche, die auf dem 2010 erschienenen Sachbuch Flawless: Inside the Largest Diamond Heist in History von Scott Andrew Selby und Greg Campbell beruht. Das Buch ist das Ergebnis jahrelanger Originalberichterstattung in Belgien und Italien und liefert einen detaillierten Bericht über die Planung, Durchführung und die Folgen des Verbrechens. Diese Grundlage im investigativen Journalismus verleiht dem Film eine Ebene der Autorität und des Details. Die Verbindung zwischen Buch und Film wird durch die Beteiligung des Autors Scott Andrew Selby als ausführender Produzent des Projekts verstärkt, was auf ein Bekenntnis zur Treue des Ausgangsmaterials hindeutet. Die Adaption einer dichten, textbasierten Untersuchung in einen 96-minütigen visuellen Dokumentarfilm erfordert einen Prozess der narrativen Verdichtung. Diese Übersetzung priorisiert die filmischen Elemente der Geschichte – die Spannung des Raubes, das Charisma der Schlüsselfiguren und die dramatische Ironie ihrer Gefangennahme – und verwandelt detaillierte Berichterstattung in eine visuell fesselnde und emotional resonante Erzählung für die Leinwand.
Der Fehler im perfekten Raub
Der Film gipfelt im zentralen Paradoxon des Antwerpener Raubes: ein akribisch geplantes, technisch brillantes Verbrechen, das letztendlich durch einen Moment tiefgreifender Nachlässigkeit aufgedeckt wurde. Nach dem Raub entsorgten Notarbartolo und ein Komplize Müllsäcke entlang einer Autobahn, die von einem örtlichen Grundbesitzer entdeckt wurden. Dieser Müll enthielt entscheidende Beweise, die die Bande mit dem Verbrechen in Verbindung brachten, darunter Quittungen aus dem Diamantenzentrum und, entscheidend, DNA von einem halb gegessenen Salami-Sandwich, die zu Notarbartolo zurückverfolgt wurde. Die Entdeckung führte zur Verhaftung von Notarbartolo und drei seiner Komplizen: Ferdinando Finotto, Elio D’Onorio und Pietro Tavano. Im Jahr 2005 verurteilte ein belgisches Gericht Notarbartolo zu 10 Jahren Gefängnis für die Organisation des Raubes, während die anderen fünfjährige Haftstrafen erhielten. Die Geschichte bietet jedoch keinen vollständigen Abschluss. Obwohl den Tätern Gerechtigkeit widerfuhr, verschwand die Beute ihres Verbrechens. Der gesamte Vorrat an Diamanten, Gold und Schmuck im Wert von über 100 Millionen Dollar wurde nie gefunden, was den legendären Status des Raubes festigte und ein bleibendes Rätsel hinterließ.
Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen wurde am 8. August 2025 veröffentlicht.