Haben wir genug von Zombiefilmen? Das muss jeder selbst entscheiden, aber falls nicht, bringt uns Netflix einen weiteren Zombie-Streifen, diesmal aus Indonesien, mit dem Titel „The Elixir“.
In der gesättigten Landschaft des Zombie-Kinos bereitet sich ein neuer Anwärter aus Indonesien darauf vor, die Apokalypse neu zu definieren, indem er den Terror nicht in einem Laborvirus oder einer unerklärlichen Plage verankert, sondern in den Tiefen seines eigenen kulturellen Erbes. „The Elixir“, im Original „Abadi Nan Jaya“, ist der erste indonesische Zombiefilm, der in Zusammenarbeit mit Netflix produziert wurde – ein Projekt, das Horror mit Familiendrama, lokaler Folklore und sogar einem Hauch von schwarzer Komödie verbindet.
Unter der Regie des gefeierten Horror-Meisters Kimo Stamboel weicht der Film von westlichen Genre-Konventionen ab, um eine einzigartig beunruhigende Prämisse zu erkunden: einen Ausbruch von Untoten, ausgelöst durch ein traditionelles Kräuterelixier, das ewige Jugend verleihen soll. Die Erzählung dreht sich um maßlosen Ehrgeiz und menschliche Arroganz und präsentiert eine Katastrophe, die kein Zufall ist, sondern eine direkte Folge der Pervertierung einer alten Tradition.
Indem der Film den Ursprung der Seuche im Jamu – der traditionellen Kräutermedizin Indonesiens – verortet, nimmt er eine bewusste „Domestizierung“ eines globalen Horror-Archetyps vor. Der Zombie, üblicherweise ein Symbol für die Angst vor unkontrollierter Wissenschaft oder gesellschaftlichem Zusammenbruch, wird hier als ein Monster rekontextualisiert, das aus dem Inneren der eigenen Kultur geboren wird. Die Bedrohung kommt nicht von außen, sondern aus der Verderbnis eines ureigenen Elements, das heilen sollte, aber durch menschliche Gier zum Fluch wurde.
Dieser Ansatz macht den Horror viel intimer und verstörender. Das Monster ist kein fremdes „Anderes“; es ist eine Manifestation von „uns“, ein Spiegelbild dessen, wie die heiligsten Traditionen auf der egoistischen Suche nach Macht und Unsterblichkeit geschändet werden können. Die Geschichte verspricht daher mehr als nur einen simplen Überlebenskampf; sie zeichnet sich als eine thematische Auseinandersetzung mit der Zerbrechlichkeit des kulturellen Erbes im Angesicht menschlicher Ambitionen ab.
Die Handlung: Ehrgeiz, Familienkonflikte und der Abstieg ins Chaos
Die Handlung von „The Elixir“ spielt in einer Umgebung, die Isolation und Spannung maximiert: ein abgelegenes Dorf in der Nähe von Yogyakarta, einer symbolträchtigen Region der javanischen Kultur. Dieser ländliche Schauplatz fungiert als Schmelztiegel, der die Charaktere in einem Mikrokosmos gefangen hält, in dem die internen Spannungen bereits kurz vor dem Ausbruch stehen, lange bevor die übernatürliche Bedrohung eintritt.
Im Zentrum dieser Gemeinschaft steht die Familie, die ein renommiertes Kräutermedizin-Geschäft namens „Abadi Nan Jaya“ besitzt – ein Name, der ironischerweise „Ewig Siegreich“ bedeutet. Das Familienunternehmen kämpft zudem inmitten der modernen Konkurrenz ums Überleben, was dem Handeln des Patriarchen eine zusätzliche Ebene der Verzweiflung verleiht.
Der Konflikt entbrennt mit der Ankunft von Kenes (Mikha Tambayong), die in ihre Heimat zurückkehrt, um ihren Vater, den Patriarchen Sadimin (Donny Damara), wegen der Zukunft des Geschäfts und seiner kontroversen persönlichen Entscheidungen zur Rede zu stellen. Der Streit ist nicht nur geschäftlich, sondern zutiefst persönlich und etabliert von Anfang an ein Drama um Erbe, Generationenkonflikte und ungelöste emotionale Wunden. Die Spannung eskaliert drastisch, als Kenes entdeckt, dass ihre beste Freundin Karina (Eva Celia) beabsichtigt, ihren alten Vater Sadimin zu heiraten. Dieses Beziehungsdreieck fügt eine Ebene des Verrats und der Eifersucht hinzu, die die familiäre Atmosphäre weiter vergiftet und die Emotionen an ihre Grenzen treibt.
Auf dem Höhepunkt dieser hitzigen familiären Konfrontation bricht das Grauen herein. Getrieben von einer obsessiven Suche nach Macht und Langlebigkeit konsumiert Sadimin seine neueste Kreation: ein experimentelles Elixier, das ewige Jugend verspricht. Doch statt der ersehnten Verjüngung löst das Gebräu eine monströse Verwandlung aus. Sadimin verliert das Bewusstsein und wird als furchterregende Kreatur wiedergeboren – der Patient Null einer Zombie-Plage, die sich über das ganze Dorf ausbreiten wird.
Die Erzählstruktur macht deutlich, dass die Apokalypse kein Unfall ist, sondern eine direkte und metaphorische Konsequenz der inneren Fäulnis der Familie. Die physische Monstrosität, die zum Vorschein kommt, ist ein Spiegelbild der emotionalen und moralischen Verderbtheit, die sie bereits zerfraß. Die Gier nach der Kontrolle über das Geschäft, die Eifersucht auf die Beziehung zwischen Karina und Sadimin und die Arroganz, sich der Sterblichkeit zu widersetzen, sind die wahren Krankheitserreger. Das Elixier heilt nicht den menschlichen Makel des Alterns, sondern verstärkt die schlimmsten Triebe, bis sie zu einer buchstäblichen Seuche werden.
Auf diese Weise nutzt der Film die Zombie-Apokalypse als starkes allegorisches Mittel. Um die äußere Bedrohung durch die Untoten zu überleben, muss die zerbrochene Familie zuerst die inneren Gifte – Ego, Groll und Verrat – konfrontieren und heilen, die sie schon lange vor dem ersten Biss zerstörten.
Kimo Stamboel: Die Vision eines indonesischen Horror-Meisters
An der Spitze dieses Projekts steht Kimo Stamboel, eine etablierte Größe und eine der einflussreichsten Stimmen des zeitgenössischen indonesischen Horrorkinos. Stamboel führt nicht nur Regie, sondern schrieb auch das Drehbuch gemeinsam mit Agasyah Karim und Khalid Kashogi, während Edwin Nazir von Mowin Pictures die Produktion verantwortet. Seine Beteiligung verleiht dem Projekt eine bewährte Autorität und künstlerische Vision und reiht „The Elixir“ in die Laufbahn eines Autors mit unverwechselbarem Stil und tiefem Genre-Verständnis ein.
Stamboels Filmografie zeugt von seiner Fähigkeit, beklemmende Atmosphären und tief in der indonesischen Kultur verwurzelten Schrecken zu schaffen. Er ist bekannt für seine „eindringliche Handschrift in Horrorfilmen“ und hat Kassenschlager und gefeierte Genrewerke wie The Queen of Black Magic, Sewu Dino, Dancing Village: The Curse Begins, Headshot und Macabre inszeniert. Diese Werke zeichnen sich durch die Erkundung von Folklore, schwarzer Magie und übernatürlichen Flüchen aus und festigten seinen Ruf als Filmemacher, der den Horror aus lokalen Traditionen und Überzeugungen schöpft.
Trotz seiner großen Erfahrung markiert „The Elixir“ einen Meilenstein in seiner Karriere, da er „zum ersten Mal bei einem Film mit Zombie-Thematik Regie führt“. Dieser Vorstoß in ein weltweit anerkanntes Subgenre scheint eine strategische künstlerische Entscheidung zu sein. Stamboel selbst drückte seinen Stolz darüber aus, nicht nur ein „neues Element des Terrors“ für sich selbst zu erkunden, sondern durch die Zusammenarbeit mit Netflix auch „die indonesische Kultur auf der internationalen Bühne zu zeigen und aufzuwerten“. Diese Aussage offenbart einen doppelten Ehrgeiz: einerseits die persönliche Herausforderung, einen bekannten Archetyp neu zu erfinden, und andererseits das Ziel, als Kulturbotschafter zu fungieren.
Dieser Schritt kann als eine kalkulierte Weiterentwicklung seiner Karriere gesehen werden. Stamboel scheint den vertrauten und universell verständlichen Rahmen eines Zombiefilms als „trojanisches Pferd“ zu nutzen, um einem globalen Publikum die Besonderheiten der indonesischen Kultur, wie Jamu und die komplexen javanischen Familiendynamiken, nahezubringen. Statt einfach eine Hollywood-Formel zu übernehmen, wendet er seinen charakteristischen Stil des kulturspezifischen Horrors auf eine globale Vorlage an. Diese Strategie, Lokales mit Globalem zu verschmelzen („glokal“), passt perfekt zum Produktionsmodell von Netflix, das nach Inhalten mit starker lokaler Identität, aber internationaler Anziehungskraft sucht. „The Elixir“ ist daher nicht nur ein weiterer Film in seiner Vita, sondern eine bewusste Erweiterung seiner künstlerischen und kommerziellen Reichweite – ein kalkulierter Versuch, seine Vision des indonesischen Horrors auf die Weltbühne zu bringen, ohne dessen Essenz zu verwässern.
Die Gesichter des Überlebens: Die Besetzung
Die Schauspielerin, Sängerin und Model Mikha Tambayong spielt Kenes, Sadimins Tochter, die ins Dorf zurückkehrt, um ihren Vater wegen der Zukunft des Geschäfts und seiner persönlichen Entscheidungen zur Rede zu stellen, und rückt damit ins Zentrum des Familienkonflikts. Ihre Besetzung ist besonders bedeutsam, da sie eine erneute Zusammenarbeit mit Regisseur Kimo Stamboel markiert, nachdem sie bereits in dessen vorigem Horror-Erfolg Sewu Dino (2023) die Hauptrolle spielte. Diese frühere Vertrautheit mit dem Stil des Regisseurs und den Anforderungen des Genres deutet auf eine kreative Synergie hin, die dem Film zugutekommen wird.
Eva Celia, eine vielseitige Schauspielerin und Musikerin, übernimmt die Rolle der Karina, Kenes‘ bester Freundin, deren Absicht, Sadimin zu heiraten, einen tiefen emotionalen Graben aufreißt, kurz bevor die Katastrophe hereinbricht. Celias Filmografie zeugt von einer bemerkenswerten Bandbreite, die vom Horrorfilm Takut: Faces of Fear (2008) über das Martial-Arts-Epos The Golden Cane Warrior (2014) bis hin zum jüngsten Action-Thriller The Shadow Strays (2024) reicht. Ihre Erfahrung in körperlich anspruchsvollen Rollen macht sie zur idealen Besetzung für einen Survival-Horrorfilm.
Die Rolle des Patriarchen Sadimin fällt dem angesehenen und preisgekrönten Schauspieler Donny Damara zu. Er spielt den Inhaber des Jamu-Geschäfts, dessen maßloser Ehrgeiz nach ewiger Jugend ihn zum Patienten Null der Zombie-Apokalypse werden lässt und der so als Katalysator der Katastrophe fungiert. Damara ist eine hoch angesehene Persönlichkeit im asiatischen Kino. Sein größter Erfolg war der Gewinn des Preises als Bester Schauspieler bei den Asian Film Awards für seine mutige und transformative Darstellung einer Transgender-Frau im Film Lovely Man (2011). Seine Anwesenheit in der Besetzung verleiht dem Projekt eine immense dramatische Tiefe und stellt sicher, dass der Charakter, der zum Hauptmonster wird, mit der erforderlichen Komplexität und Tragik gespielt wird.
Die Nebenrollen sind ebenfalls mit namhaften Schauspielern wie Dimas Anggara, Marthino Lio, Kiki Narendra, Ardit Erwandha, Claresta Taufan und Varen Arianda Calief besetzt, die das Ensemble der Charaktere vervollständigen, die um ihr Überleben im Chaos kämpfen.
Weltweiter Start für die Apokalypse
„The Elixir“ („Abadi Nan Jaya“) wird ab dem 23. Oktober 2025 weltweit und exklusiv auf Netflix zum Streaming verfügbar sein.