In der Lisson Gallery London präsentiert der chinesische Künstler Ai Weiwei seine neueste Ausstellung, die vom 7. Februar bis zum 15. März 2025 zu sehen sein wird. Unter dem leicht ironischen Titel „A New Chatpter“ [sic] zeigt Ai eine Reihe von Werken, die sich mit den Themen Identität, Politik und kulturellem Erbe auseinandersetzen. Doch inwieweit eröffnet diese Schau tatsächlich ein neues Kapitel in Ai Weiweis künstlerischem Schaffen?
Im Zentrum der Ausstellung steht die Installation „F.U.C.K.“, bei der Ai mehr als 9.000 verschiedene Knöpfe auf vier Krankentragen aus dem Zweiten Weltkrieg arrangiert hat. Die Knöpfe, die aus einer geschlossenen Fabrik stammen, sollen eine Verbindung zur ersten industriellen Revolution herstellen. Während die handwerkliche Akribie beeindruckt, stellt sich die Frage, ob die plakative Wortwahl nicht eher auf Provokation als auf tiefgründige Reflexion abzielt.
Ähnlich direkt präsentiert sich das Werk „Go Fuck Yourself“, bei dem Knöpfe auf Militärzelten angebracht wurden. Ai Weiwei greift hier die zunehmende Polarisierung in der politischen Diskussion auf, doch die buchstäbliche Umsetzung des Titels wirkt fast zu offensichtlich. Es bleibt offen, ob diese Arbeit tatsächlich zum Nachdenken über Kommunikation in einer gespaltenen Gesellschaft anregt oder ob sie lediglich den Schockeffekt des vulgären Ausdrucks ausnutzt.
Interessanter erscheint Ai Weiweis Neuinterpretation von Paul Gauguins „Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?“ aus Spielzeugsteinen. Hier verbindet der Künstler geschickt historische Referenzen mit zeitgenössischen Elementen wie Drohnen und Anspielungen auf den Atombombenabwurf auf Hiroshima. Die Darstellung seiner selbst als Ureinwohner in diesem Kontext wirft komplexe Fragen zur Repräsentation und Identität auf. Doch auch hier drängt sich der Eindruck auf, dass Ai Weiwei bewährte Themen und Techniken recycelt, anstatt wirklich Neues zu wagen.
Die Verwendung von Spielzeugsteinen zieht sich durch mehrere Werke der Ausstellung, darunter eine Version von Van Goghs „Weizenfeld mit Krähen“, in der die Vögel durch Drohnen ersetzt wurden. Ai Weiwei beschreibt dieses Material als „neues linguistisches System“ an der Schnittstelle zwischen Rationalem und Irrationalem. Doch trotz der begrenzten Farbpalette von nur 42 Farben wirken die Arbeiten oft überladen und verlieren an Subtilität.
Im Untergeschoss der Galerie finden sich kleinere Skulpturen aus Spielzeugsteinen, darunter „Iron Helmet Secured by Toy Bricks“ – ein rostiger deutscher Soldatenhelm in einer altarähnlichen Struktur aus weißen Steinen. Diese Juxtaposition von Materialien und Symbolen regt durchaus zum Nachdenken über Krieg, Erinnerung und den Lauf der Geschichte an. Dennoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ai Weiwei hier auf bewährte Formeln zurückgreift, anstatt wirklich neue künstlerische Wege zu beschreiten.
Ai Weiweis Ausstellung in der Lisson Gallery zeigt zweifellos seine Fähigkeit, provokante und visuell eindrucksvolle Werke zu schaffen. Doch ob sie tatsächlich ein „neues Kapitel“ in seinem Schaffen darstellt, bleibt fraglich. Die verwendeten Techniken und Themen wirken vertraut, die Botschaften oft allzu direkt. Vielleicht liegt die größte Innovation dieser Schau in der Tatsache, dass der Pressetext vollständig von einer KI verfasst wurde – ein Umstand, der mehr über den aktuellen Kunstbetrieb aussagen könnte als die ausgestellten Werke selbst.