Berlinische Galerie: „Grünzeug. Pflanzen in der Fotografie der Gegenwart“ | Berlin

Hohe Tannen, dichte Mangroven, bizarre Blütenstempel – die Pflanzenwelt bringt einzigartige Formen hervor. Eingebunden in komplexe und höchst sensible Ökosysteme sind Pflanzen auf vielfältige Weise mit der menschlichen Kultur verflochten. Ihre Betrachtung kann beruhigen, zum Nachdenken anregen oder starke Gefühle wie Beklemmung und Furcht auslösen. In der Fotografie sind Pflanzen seit Beginn des 19. Jahrhunderts beliebte Objekte fotografischer Verfahren und Experimente.

Die Ausstellung „Grünzeug. Pflanzen in der Fotografie der Gegenwart“ greift dieses facettenreiche Thema auf. Sie stellt zeitgenössische Arbeiten vorwiegend aus der Fotografischen Sammlung vor, die das oft ambivalente Verhältnis von Menschen und Pflanzen im Medium der Fotografie verhandeln.

Sechs künstlerische Positionen Falk Haberkorn (*1974 Berlin) spielt mit den Widersprüchen zwischen romantisierender Verehrung und dem von Umwelteinflüssen und ökonomischen Interessen bedrohten Wald. Seine Arbeitsweise beschreibt er als „visuelle Befragung“ des „vermeintlich Anschaulichen“. Die Rätselhaftigkeit des Bildes „Schonung“ löst Emotionen aus und weckt auch Erinnerungen an Märchen und Sagen westlicher Kulturen.

Mimi Cherono Ng’ok (*1983 Nairobi, Kenia), schließt in ihre ausschnitthaften, auf Reispapier gedruckten Pflanzenbilder persönliche Empfindungen ein. Mit einem starken Bewusstsein für die Veränderlichkeit unserer Umgebung reist sie auch durch tropische Klimazonen. Sie fotografiert in der Dominkanischen Republik, an den Rändern urbaner Siedlungen sowie in Gärten und Parks von São Paolo oder Nairobi.

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Mimi Cherono Ng‘ok, Untitled, 2020 © Mimi Cherono Ng‘ok

Ein feines Gespür für die Fragilität unserer globalisierten Lebenswelten besitzt Susanne Kriemann (*1972 Erlangen). Für die Serie „Mngrv polymersday“ (2020) fotografierte sie in den indonesischen Mangroven auf Pulau Bintan – dort, wo sich infolge der Verschmutzung der Weltmeere zivilisatorischer Abfall im fragilen Ökosystem verheddert. Der unfreiwillige Verbund von synthetischem Unrat, wie zum Beispiel Fischernetze oder Plastiktüten, und Pflanzenwelt stellt die Künstlerin als Einheit dar.

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Folkwang-Auriga Verlag, Unbekannte*r Fotograf*in, Papaveraceae. Papaver somniferum, Gartenmohn, Samenkapsel, um 1930 © Rechtsnachfolge unbekannt, Repro: Anja Elisabeth Witte

Andrzej Steinbach (*1983 Czarnkow, Polen) entwickelte auf Einladung der Berlinischen Galerie die zwanzigteilige Serie „Aschenbecher und
Yogamatte“ (2023). Aus 132 historischen Aufnahmen von Pflanzen, Pilzen und Mineralien aus dem Bildarchiv des Folkwang-Auriga-Verlages (1928–1932) wählte er jene aus, die er bildnerisch interessant fand. Mit dieser Auswahl korrespondierend, erstellte der Künstler Fotografien von Verbrauchsgütern und Alltagsgegenständen. Natur und Kultur sind keine Gegensätze mehr, sondern miteinander verbunden. Damit lädt er ein, das vom Menschen Geschaffene und das natürlich Gewachsene als Zusammenspiel zu betrachten.

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Andrzej Steinbach, Ohne Titel, aus der Serie: Aschenbecher und Yogamatte, 2023 © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
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Susanne Kriemann, Mngrv polymersday (oliveyellowrib_RAL1020), 2020 © VG Bild-Kunst, Bonn 2023

„Skulptur, Objekt oder pflanzliches Wesen?“, fragt Stefanie Seufert (*1969 Göttingen) und reduziert den immergrünen Nadelbaum mit den
Mitteln der Fotografie allein auf seine Form. Der in Vorgärten und Parks fotografierte Baum wird zum Gegenstand ihrer auf Mehrdeutigkeit und Vergleich zielenden Serie „01-1 – 1-10“ (2006–10). Ist die Reihe auch im Sinne dokumentarischer Typologien lesbar und weist das Einzelbild über sich selbst hinaus? Stefanie Seufert untersucht die Eigenschaften der Fotografie und setzt da an, wo sich Bilder einer Gattungszuordnung entziehen.

Ingar Krauss (*1965 Ost-Berlin) fotografiert im Schwarzwald, in Brandenburg und Norwegen. In seinen scheinbar harmonischen Bildkompositionen sucht er die Widersprüche zwischen menschlicher Überformung des Waldes und unbeherrschbarer Natur. Gestapelte Rundhölzer, an Bäume gelehnte Äste, verstreutes Totholz und gehäuftes Reisig sind Resultate einer sowohl gewinnorientierten als auch
nachhaltigen Forstwirtschaft. Diese vielfältigen Ordnungen des Menschen kennzeichnen die Wälder in Europa.

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Ingar Krauss, Ohne Titel, aus der Serie: HOLZ, Schwarzwald 2018 © Ingar Krauss

Die Ausstellung ermuntert dazu, bei der Betrachtung der Pflanzenwelt persönliche Empfindungen einzubeziehen, das eigene ökologische Bewusstsein zu sensibilisieren sowie Natur und Kultur als Einheit wahrzunehmen.

Künstlerinnen: Falk Haberkorn (1974 Berlin), Ingar Krauss (1965 Berlin), Susanne Kriemann (1972 Erlangen), Mimi Cherono Ng‘ok
(1983 Nairobi, Kenia), Stefanie Seufert (1969 Göttingen), Folkwang-Auriga Verlag featured by Andrzej Steinbach (*1983 Czarnkow, Polen)

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte folgende Website berlinischegalerie.de

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