Am 17. Juni eröffnet die Gruppenausstellung Cuerpos de Agua in der station urbaner kulturen/nGbK Hellersdorf. Die Ausstellung präsentiert Perspektiven aus Aktivismus und Kunst zu Gewässern und ihren Ökosystemen in Lateinamerika und Europa. Gleichzeitig findet auf der nahegelegenen Grünfläche Place Internationale das umfangreiche Veranstaltungsprogramm Artistic Ecologies statt, das den Dialog mit der Nachbar_innenschaft und der Ausstellung sucht.
Cuerpos de Agua betrachtet Wasser als fluiden Körper, der Lebensformen, Wirtschaftsweisen und Krisen miteinander verbindet. OSkonomien und OSkosysteme rund um Gewässer überlappen sich, auch menschliche Anwohner_innen von Flü ssen sind Teil dieser Systeme.
Installationen, Malereien, Filme und Videos von Kü nstler_innen, die der Millenial-Generation angehören, beschäftigen sich mit der Materialität von Wasser und schulen unser Verständnis fü r eine Welt, in der alles mit allem verbunden ist.
In ihrer installativen Arbeit THE ESG SHOW entwickeln Sonja Hornung und Daniele Tognozzi eine Gegendarstellung zum grü nen Kapitalismus. Der Begriff ESG (Environmental, Social and Governance) wurde vor fast zwei Jahrzehnten von einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen geprägt, um die Finanzwelt des globalen Nordens davon zu ü berzeugen, Klimagerechtigkeit könne Gewinn bringen, wird seither aber tatsächlich dazu benutzt, Greenwashing zu betreiben. THE ESG SHOW nimmt Räume, Materialien, OS konomien und Aktivitäten in den Fokus, die entweder gezielt von Produktivitätsindikatoren ausgeschlossen werden oder sich weigern, fü r diese relevant zu sein.
Der fü r den Turner Prize 2023 nominierte multidisziplinäre Kü nstler Rory Pilgrim beleuchtet in seinem Film The Undercurrent die Klimakrise auf persönlicher Ebene. Zehn junge Klimaaktivst_innen aus der Stadt Boise in Idaho erzählen von den Auswirkungen des Klimawandels auf Familie, Religion, Freundschaft und Genderungleichheit. Auch Wohnungslose aus der Region berichten, wie der Klimawandel Fragen nach Sicherheit, Obdach und Kommunikation berü hrt.
Zwei Arbeiten beschäftigen sich mit dem Atrato-Fluss in der kolumbianischen Provinz Chocó. Ein wegweisendes Urteil des kolumbianischen Verfassungsgerichts, das das Gebiet um den Atrato als Rechtssubjekt anerkennt, dient als juristisches Instrument zur Sicherstellung der Pflege dieses durch illegalen Goldabbau stark zerstörten und verschmutzten Gewässers. Der Dokumentarfilm Who Runs the Atrato River? von Carlos Gómez untersucht, wieviel Raum das Urteil den an den Fluss angrenzenden Gemeinden einräumt.
Mit Fotografien und Klängen als Fragmente der extraktiven Wasserlandschaft des Atrato- Flussbeckens schafft die Installation leakages des Kollektivs ~pes (Elizabeth Gallón Droste und Pablo Torres) einen Raum des affektiven und sensorischen Eintauchens in das Flussgebiet. Die Installation lädt dazu ein, Geschichten nachzuspü ren, die den Lauf des Flusses ausmachen, um zukü nftige Vorstellungen von seinem sich ständig verändernden OSkosystem zu ermöglichen. Gleichzeitig tritt die Installation in einen Dialog mit der Hellersdorfer Wasserlandschaft und wird so zu einem Kommunikationsfluss zwischen dem Atrato und Hellersdorf.
Mit einem anderen Fluss beschäftigen sich Kathrin Dröppelmann und Ada Kopaz. Ihre Videoarbeit M.I.A.U. (Militiancia Intervencionista Artı́stica Urbana) blickt aus ökofeministischer Perspektive auf den Riachuelo in Buenos Aires und die Zerstörung seiner humanen und nicht-humanen OS kosysteme durch Umweltverschmutzung und Rohstoffabbau.
Juan Camilo Alfonsos dokumentarische Installation Ríos de solidaridad vollzieht den Entstehungsprozess einer Fahne nach, die in Berlin von kolumbianischen Migrant_innen gemeinsam gewebt und bemalt wurde. Sie soll auf das Verschwinden von Demonstrant_innen bei den landesweiten Streiks in Kolumbien 2021 aufmerksam machen, deren Leichen später in den Flü ssen des Landes gefunden wurden.
Fü r die Serie Turbulence überträgt Emilio Chapela die Bewegung fließenden Wassers auf die Leinwand: Spritzer, Strudel, Strömungen, Wirbel, Wasserfälle und Wellen. Die sich wiederholenden, aber in Dichte und Größe unterschiedlichen Pinselstriche verdeutlichen die spontane Ordnung scheinbar turbulenten Wassers und menschliche Versuche seiner Einhegung.
Caroline Breidenbachs interaktive Webdoku wasserstories: our future–their reality beschäftigt sich mit der Frage: Wem gehört das Wasser? Drei multimediale Stories übertragen wahre Begebenheiten aus Bolivien, Südafrika und Portugal auf deutsche Orte einer fiktiven nahen Zukunft.
Das CRA l Centro Rural de Arte macht das Plätschern des argentinischen Rı́o Salado in Hellersdorf erfahrbar. Die Klanginstallation Formen der Zeit III lädt die Besucher_innen ein, ihr Gehör fü r den Fluss zu schärfen und schafft eine subtile Verbindung zwischen menschlichen und hydrologischen Körpern.
Margarete Kiss beschäftigt sich mit Strategien digitaler Selbstverteidigung am Beispiel der Proteste in Hongkong 2014, 2019 und 2020. Ihre Arbeit be water zitiert autobiografische Erlebnisse, Erinnerungsfetzen von Aktivist_innen und Filmszenen. Nadja Henß initiiert mit
ihrer Arbeit LA MIRADA ES UN SALUDO A LA COSTA LEJANA einen poetischen Austausch über die Kü sten Deutschlands und Chiles.
Mit Arbeiten von Juan Camilo Alfonso, Caroline Breidenbach, Emilio Chapela, CRA l Centro Rural de Arte, Kathrin Dröppelmann & Ada Kopaz, Carlos Gómez, Nadja Henß, Sonja Hornung & Daniele Tognozzi, Margarete Kiss, ~pes (Elizabeth Gallón Droste & Pablo Torres), Rory Pilgrim
nGbK-Arbeitsgruppe: Juan Camilo Alfonso, Jochen Becker, Eva Hertzsch, Margarete Kiss, Constanze Musterer, Adam Page, Ralf Wedekind
In Zusammenarbeit mit Kathrin Dröppelmann