Ikon präsentiert eine bedeutende Einzelausstellung des multidisziplinären Künstlers Htein Lin aus Myanmar. Die Schau bietet einen umfassenden Einblick in das Schaffen des Künstlers, dessen Werk von seinem lebenslangen Engagement für die Dokumentation menschlicher Erfahrungen in schwierigen Zeiten geprägt ist.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen über 45 Werke aus der Serie „000235“, benannt nach Htein Lins Nummer beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz. Diese Arbeiten, entstanden zwischen 1998 und 2004 während seiner politischen Gefangenschaft, zeugen von der Erfindungsgabe und Originalität des Künstlers unter extremen Bedingungen. Mit improvisierten Werkzeugen wie Zahnpastatuben, Medizinflaschen und Pillenschachteln schuf Htein Lin eindrucksvolle Labyrinthe aus wirbelnden Arterien, leidenden Organen und messerscharfen Knochen. Seine lebendigen Selbstporträts, gemalt mit Spritzen, Schüsseln und den eigenen Fingern, sowie eindringliche Darstellungen von Gefängniszellen, umgeben von ineinander verschlungenen Gliedmaßen, spiegeln den Rhythmus und die Emotionen des Gefängnislebens wider.
Neben diesen Werken zeigt die Ausstellung auch neuere Arbeiten des Künstlers. Das großformatige Gemälde „Fiery Hell“ (2024) thematisiert das Schicksal der ländlichen Bevölkerung Myanmars, die im anhaltenden Bürgerkrieg zwischen die Fronten gerät. Die Installation „A Show of Hands“ (2013-) präsentiert Gipsabdrücke der Hände ehemaliger politischer Gefangener aus Myanmar und unterstreicht die Widerstandsfähigkeit angesichts jahrzehntelanger Unterdrückung.
Htein Lins künstlerische Sprache wird durch eine Auswahl von Zeichnungen aus den 1990er und 2000er Jahren weiter erforscht. Diese bisher unveröffentlichten Werke zeigen sein frühes Interesse an der Verwendung alltäglicher Gegenstände als Malwerkzeuge und am Straßenleben in Myanmar. Im Kontrast dazu steht das neue, von Ikon in Auftrag gegebene Gemälde „How do you find Birmingham?“ (2024), das ein lebendiges Panorama der pulsierenden Stadt zeigt.
Die Ausstellung wird durch Videoarbeiten ergänzt, die Einblicke in Htein Lins Schreiben und Performance geben. „The Fly“ dokumentiert eine Performance von 2005 in Yangon, während „When I was a Lousy Millionaire“ (2022) die Zeit des Künstlers als Mitglied einer dschungelbasierten Widerstandsbewegung reflektiert.
Ein wichtiger Bestandteil von Htein Lins Projekt für Ikon sind zudem Kunstwerke, die in Zusammenarbeit mit Insassen des Gefängnisses HMP Grendon in Buckinghamshire entstanden sind. Diese Werke, die in einer separaten Ausstellung im Gefängnis gezeigt werden, erforschen Themen, Materialien und Werkzeuge, die für Gefängniskunst in Großbritannien und Myanmar charakteristisch sind.
Die Ausstellung „Htein Lin: Kunst als Zeugnis und Widerstand“ ist vom 20. März bis zum 1. Juni 2025 zu sehen.