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mags by Kristine Sokolowski

Mags kehrt mit Herified zurück: Eine pointierte Pop-Erklärung über Faszination, Sichtbarkeit und den „großen“ Liebesbegriff

05.09.2025, 12:31

Die Kopenhagener Popkünstlerin mags (Margrethe Tang) legt mit Herified ein Acht-Tracks-Album vor, das Begehren, Selbsterkenntnis und queere Sichtbarkeit in eine klare, elektronische Popsprache übersetzt. Als bekräftigendes Projekt über Selbstliebe und Selbstbehauptung gedacht, macht die Platte die persönliche Erzählung zum Motor eines direkten, melodischen Songwritings.

Das Konzept ruht auf einem einzigen Wort: „Faszination“. In Anlehnung an Monets Serien der Seerosen kehrt Herified immer wieder zum Thema Liebe zurück—mal euphorisch, mal schwer, mal unordentlich, mal kristallin—ohne den stilistischen roten Faden zu verlieren. Der Titel selbst vergegenständlicht das Handeln: Aus dem Substantiv „her“ wird mit „-ified“ ein Tätigkeitswort—ein Übergang vom Erkennen zum Tun. Praktisch heißt das: Gefühl wird in Bewegung überführt, Intimität in Songs, die auf Unmittelbarkeit zielen.

Über acht Stücke hinweg wechselt mags zwischen diaristischen Strophen und klar konturierten Refrains mit prägnanten Hooklines, bewegt sich zwischen verspielten elektronischen Texturen und großformatiger Balladenarbeit. Die Produktion setzt auf Transparenz statt Verdichtung und lässt ungefilterten Gesang Raum—passend zu den Leitmotiven der Platte: der Gleichzeitigkeit von Rausch und Beklommenheit, wenn Begehren offen gelebt und ohne Euphemismen benannt wird.

Zugleich positioniert sich das Projekt als Statement zur Repräsentation. Aufgewachsen auf dem dänischen Land, mit wenigen sichtbaren Vorbildern für queere Frauen, versteht mags Herified als Korrektiv zum geerbten Popkanon. Geschichten von Frauen, die Frauen lieben, werden nicht als Provokation oder Bittschrift inszeniert, sondern als Normalität: Sie gehören ins Repertoire populärer Lovesongs—ihre Seltenheit ist eine Frage der Sichtbarkeit, nicht der Allgemeingültigkeit.

Die Leadsingle „blue“ kondensiert die Plattenthese zu einer unprätentiösen Feier des Verliebtseins. Wo Radiostandards lange einem „Junge-trifft-Mädchen“-Schema folgten, schlägt „blue“ einen anderen Grundton an: queere Romantik wird selbstverständlich benannt, ihre Resonanz vorausgesetzt. Der Track markiert zugleich persönliches Etappenziel und künstlerisches Manifest: Liebe ist universell, gerade weil sie kein Geschlecht kennt—und Pops Aufgabe ist es, diese Tatsache präzise und stilvoll auszuformulieren.

Auch die Dramaturgie des Albums stützt diesen Anspruch. Leichtfüßige, sprudelnde Passagen stehen neben schwereren, langsameren Setzungen und zeichnen eine affektive Landkarte, die sich weder für den Rausch noch für die Selbstvergewisserung allein entscheidet. Zusammengehalten wird das Set von einer klaren Intention: Sichtbarkeit als Praxis statt Pose, Handwerk als Medium des Zeugnisses und Faszination als Disziplin, die ein einziges Sujet—die Liebe—für unendliche, konkrete Variationen offenhält.

In einer nordischen Poplandschaft, die für handwerkliche Präzision und Klarheit steht, liest sich Herified als kompaktes, zielgerichtetes Statement. Die Platte festigt mags’ Stimme—direkt und farbenreich—und erweitert zugleich den Kreis derjenigen, die im langlebigsten Narrativ der Popmusik im Zentrum stehen. Das Ergebnis ist ein Album, das persönlich und weit zugleich wirkt, intim und öffentlich, getragen von der Überzeugung, dass Selbsterkenntnis an Kraft gewinnt, wenn sie in Melodien gefasst wird.

Datum: 5. September 2025.

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