Yurenas ungeschönte Geschichte: Netflix-Dokumentation schreibt ein Popkultur-Erbe neu

18.07.2025, 03:21
Ich bin immer noch ein Superstar – Netflix
Ich bin immer noch ein Superstar – Netflix

Netflix hat Ich bin immer noch ein Superstar (Sigo siendo la misma) veröffentlicht, einen abendfüllenden Dokumentarfilm, der das erste ungeschönte Zeugnis von María del Mar Cuena Seisdedos, der als Yurena bekannten Künstlerin, bietet. Unter der Regie von Marc Pujolar und produziert von Javier Calvo und Javier Ambrossi (Suma Content) dient der Film als faktische Ergänzung zu Superestar, der stilisierten sechsteiligen Serie von Schöpfer Nacho Vigalondo, die dieselben Ereignisse dramatisiert. Während die Serie eine „magische“ Interpretation einer chaotischen Ära präsentiert, liefert der Dokumentarfilm die ungeschminkte Wahrheit und ermöglicht es Yurena, eine Erzählung zurückzugewinnen, die ihr vor zwei Jahrzehnten gewaltsam entrissen wurde.

Das „Tamarismo“-Spektakel

Der Dokumentarfilm seziert die kulturelle Explosion der frühen 2000er Jahre, bekannt als „Tamarismo“, ein Phänomen, das viral war, bevor es den Begriff überhaupt gab. Er blickt zurück auf die Gruppe von Persönlichkeiten, die um Yurena (damals bekannt als Tamara) kreisten, darunter der Songwriter Leonardo Dantés, der Seher Paco Porras, der Entertainer Tony Genil und die Medienfiguren Loly Álvarez und Arlequín. Anhand von Archivmaterial erinnert der Film an die surrealen Momente, die das Late-Night-Fernsehen definierten, von Porras, der Gemüse auf die Sängerin im Studio warf, bis zur bizarren Einweihung eines Obststandes in Vallecas. Der Film untersucht das zentrale Paradoxon von Yurenas Karriere: Während die Medien sie und ihren Kreis unerbittlich als „Freaks“ abstempelten, erzielte sie einen beispiellosen kommerziellen Erfolg. Ihre Single „No cambié“ dominierte neun Wochen in Folge die spanischen Charts, erhielt eine Goldene Schallplatte und verkaufte sich besser als internationale Superstars wie Madonna und die Backstreet Boys. Ihr Debütalbum Superestar war ein anspruchsvolles Synth-Pop-Werk mit Beiträgen von angesehenen Musikern wie Carlos Berlanga und Nacho Canut, das eine künstlerische Tiefe offenbarte, die vom Medienspektakel bewusst ignoriert wurde.

Der Preis des Ruhms: Ein medialer Lynchmord

Der Kern des Dokumentarfilms ist eine schonungslose Untersuchung der dunklen Seite dieses Ruhms, eine Erfahrung, die Yurena als jahrelangen „medialen Lynchmord“ beschreibt. Der Film präsentiert eine rohe Chronik der öffentlichen Anfeindungen, die sie ertragen musste, einschließlich körperlicher Angriffe, Eierwürfe in ihrer Heimatstadt Santurce und öffentlicher verbaler Beschimpfungen durch andere Prominente. Die Erzählung schreckt nicht vor den tiefgreifenden psychologischen Folgen dieser andauernden Kampagne aus Spott und Verleumdung zurück, die auch falsche Anschuldigungen umfasste, sie sei eine Prostituierte oder ein Mann. Yurena spricht offen darüber, psychisch so zerstört gewesen zu sein, dass sie zweimal versuchte, sich das Leben zu nehmen, und erklärte, sie wollte sich „nur ausruhen“ von dem unerbittlichen Missbrauch. Der Dokumentarfilm rahmt diese Ereignisse als Produkt eines Medienumfelds, dessen Grausamkeit heute ganz anders bewertet würde, und erzwingt eine kulturelle Auseinandersetzung mit dem menschlichen Preis des öffentlichen Spektakels.

Die unerschütterliche Verteidigung einer Mutter

Im Zentrum von Yurenas Geschichte steht ihre Mutter, Margarita Seisdedos, die 2019 nach langer Krankheit verstarb. Der Film porträtiert sie nicht als Nebenfigur, sondern als Co-Protagonistin in Yurenas Leben – eine „madre coraje“ (eine mutige Mutter), die ihr Leben hinter sich ließ, um nach Madrid zu ziehen und ihre Tochter gegen alle Widerstände zu verteidigen. Margarita wurde selbst zu einer Medienikone, berühmt für ihre kämpferischen Fernsehauftritte und ihre Handtasche, die der Legende nach einen Ziegelstein zum Schutz enthielt. Der Film untersucht, wie dieses öffentliche Bild, obwohl oft verspottet, die äußere Rüstung einer wilden und bedingungslosen Mutterliebe war. Yurena enthüllt, dass der Schmerz, den sie über die öffentlichen Angriffe auf ihre Mutter empfand, noch größer war als der über die Angriffe auf sich selbst. Der Dokumentarfilm ist eine posthume Hommage, ein Projekt, von dem Yurena glaubt, es sei ein „Geschenk des Himmels“, das ihre Mutter als eine Form kosmischer Gerechtigkeit geschickt hat.

Die Neuerfindung einer Überlebenden

Der Film zeichnet die Folgen von Yurenas anfänglichem Ruhm nach, einschließlich des Rechtsstreits mit der Bolero-Sängerin Tamara Macarena Valcárcel Serrano, der sie zwang, ihren Künstlernamen aufzugeben. Nach einem kurzen, erfolglosen Wechsel zu „Ámbar“ nahm sie den Namen Yurena an und traf die bewusste Entscheidung, von der Bildfläche zu verschwinden. Fast fünf Jahre lang betrieb sie ihren eigenen Nachtclub in Madrid und lehnte zahlreiche Angebote für Interviews und Reality-Shows ab. Ihre Rückkehr im Jahr 2012 markierte eine vollständige Neuerfindung. Sie übernahm die volle Kontrolle über ihre Karriere, finanzierte und produzierte selbst eine neue musikalische Ausrichtung auf Dance und EDM und veröffentlichte englischsprachige Singles wie „Go“ und den viralen Hit „Around the World“. Diese neue Phase brachte unerwarteten internationalen Erfolg, einschließlich Tourneen in China, und festigte ihren Status als feste Größe in der spanischen Popkultur durch Auftritte in Reality-Shows wie Hotel Glam, Supervivientes und GH Dúo.

Rehabilitierung und Vermächtnis

Ich bin immer noch ein Superstar ist ein bewegendes und wesentliches Porträt, das als endgültiger Akt der Zurückeroberung fungiert. Es vermenschlicht die Menschen hinter den Fernsehkarikaturen und erzählt eine kraftvolle Geschichte persönlicher Widerstandsfähigkeit angesichts überwältigender öffentlicher Grausamkeit. Der Film stellt Yurena nicht als Medienspektakel oder „kaputtes Spielzeug“ dar, sondern als Überlebende, die eine Tortur durchgestanden hat, die die meisten zerstört hätte, nur um stärker und schließlich als Herrin ihrer eigenen Geschichte wieder aufzutauchen. Indem er ihr das letzte Wort gibt, festigt der Dokumentarfilm ihr Vermächtnis als Superstar, der allen Widrigkeiten zum Trotz immer noch steht.

Der Dokumentarfilm Ich bin immer noch ein Superstar wurde zusammen mit der Serie Superestar am 18. Juli 2025 weltweit auf Netflix veröffentlicht.

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